Philosophie-Reflexionen im Spannungsfeld der Moderne(n)

Hölderlin: Die “Höhere Aufklärung”

Leben, Dichten und Denken Friedrich Hölderlins (1770-1843) ist wie das seiner geistesverwandten Zeitgenossen Hegel, Novalis, Schelling und Schlegel von einem doppelten Generationenerlebnis geprägt: politisch von der Französischen Revolution, philosophisch von Kants kritischer Reflexion auf die menschlichen Erkenntnisfähigkeiten. Durch beide Ereignisse werden traditionelle Ordnungsmuster delegitimiert: die auf der Lehre vom Gottesgnadentum gründende Monarchie als Staatsform und die rationalistische Möglichkeit, Orientierungswissen zu schaffen.
Auf welches existentielle Fundament soll sich der Mensch nun stellen? Nach welchen Maximen soll er sein gesellschaftliches Leben organisieren? Das sind in der Krise der frühen Moderne drängende Fragen. Hölderlin entwickelt als seine Antwort das Konzept einer „Höheren Aufklärung“, die er philosophisch argumentiert und dichterisch realisiert.
Im Rahmen dieser Veranstaltung wird die „Höhere Aufklärung“ als Hölderlins bedeutender Beitrag zum philosophischen Diskurs seiner Zeit und als Schlüssel zum Verständnis seiner großen Lyrik vorgestellt.

Nietzsche –

wie man mit dem Hammer philosophiert

Kaum ein Philosoph hat so viele Bildworte als Blendwerke um sich gruppiert wie Friedrich Nietzsche (1844-1900). Er konstatierte den “Tod Gottes”, forderte den “Übermenschen”, beschwor den Kampf von “Dionysos gegen den Gekreuzigten”, liebte es, “mit dem Hammer zu philosophieren” und meinte von sich selbst: “ich bin kein Mensch, ich bin Dynamit … ich erst habe die Wahrheit entdeckt”. Das alles verkündete er im Namen seiner Lehre vom “Willen zur Macht”. Die ist häufiger verklärt oder verflucht als begründet und erläutert worden. Daran ist Nietzsches Rhetorik nicht schuldlos. Sie verführt zur ästhetisierenden Schwärmerei wie zur politischen Ausbeutung. In dieser Veranstaltung gilt es, Nietzsches Bildworte zu erklären, um dadurch seine facettenreiche Philosophie zum Vorschein kommen zu lassen.

„Hinter tausend Stäben keine Welt“

Eine philosophische Lektüre von Rilke-Gedichten

Das geistige Leben in Europa war um die Wende zum 20. Jahrhundert hochgradig nervös geworden: es sah sich von Ich-Verlust und Realitätszerfall bedroht. Die Künste wurden sowohl zum Ausdruck als auch zum Medium individueller Bewältigung der Krise. Vor diesem Hintergrund entwarf Rainer Maria Rilke (1875-1926) seine Poetik des ‚sachlichen Sagens’, unter deren Vorzeichen so meisterhafte Gedichte wie Der Panther und Das Karussell entstanden sind. Wir werden einige dieser Gedichte genau interpretieren, den ihnen zugrunde liegenden ‚Ding’-Begriff untersuchen, ihn mit Heideggers Verständnis vom ‚Ding’ vergleichen und Analogien zwischen Rilkes Poetik und der Philosophie des ZEN entdecken.

Der Mensch in der Entfremdung

Sartre zwischen Existentialismus und Zweiter Moderne

Jean-Paul Sartre (1905-1980) zählt zu den Philosophen, die Zeitgeschichte geschrieben haben. Nach der Kulturkatastrophe zweier Weltkriege gab er der Zerrissenheit des modernen Menschen begrifflichen Ausdruck. Er sah unser Dasein ‚zur Freiheit verurteilt’ und dem ‚Blick des Anderen’ ausgeliefert. In dieser Veranstaltung werden die Grundzüge seines existentialistischen Denkens entwickelt: um zu erörtern, ob Sartres Analysen auch auf die Kommunikationsgesellschaft der Zweiten Moderne anwendbar sind.

Zur Freiheit verurteilt?

Das radikale Menschenbild der Existenzphilosophie

Traditionell haben Philosophie und Theologie den Menschen als Teil eines Geborgenheit und Sicherheit gebenden Ganzen gesehen: als Mitglied eines Stammes, als Kind Gottes, als begabt mit universaler Vernunft.
Im Zeichen der Industrialisierung entsteht ein neues Bild: das des Einzelnen als Vereinzelten, der seine Treue zu sich selbst und seine Mitmenschlichkeit gegen die totalitären Ansprüche von Gesellschaft und Staat partisanenhaft zu retten sucht.
Die Frage, wie der Mensch mit einem als sinnlos empfundenen Schicksal äußerlich und innerlich fertig werden könne, wurde nach der Erfahrung zweier Weltkriege zu einem zentralen Thema, am stärksten diskutiert wohl innerhalb der Existenzphilosophie.
In dieser Veranstaltung werden Grundzüge der Existenzphilosophie vorgestellt und mit der Frage verbunden, ob die dort vertretenen Vorstellungen im Spiegel der Zeit nicht auch unsere geistige Landschaft noch zeigen.

Martin Heidegger: Über den Humanismus

Angesichts kultureller Einschnitte drängen sich stets existentielle Fragen auf. Die radikalste ist die nach dem eigenen Wesen – was ist der Mensch? Das ist die Frage des Humanismus. Jüngst wird sie im Kontext der Entschlüsselung des menschlichen Genoms gestellt. Im Herbst 1946 hat Martin Heidegger sie in einer Schärfe und Tiefe aufgeworfen, die noch der heutigen Kontroverse ein Maß geben kann; Grund genug, seinen Text Über den Humanismus genau zu erschließen.

Kritik der starken Vernunft

Gegen das rationalistische Denken unserer Kultur haben seit seiner Etablierung immer wieder Kritiker rationale Einwände erhoben: zunächst Pascal gegen Descartes, dann die Frühromantiker und die ‚Willensphilosophen’ Schopenhauer und Nietzsche gegen Kant und Hegel, im 20. Jahrhundert die Vertreter der ‚Kritischen Theorie’ und die Postmodernen gegen das Totalitäre der Vernunft. Was sind ihre Argumente? Und haben die Befürworter einer starken Vernunft sich beeindrucken lassen?

Ästhetisches Denken

Das griechische Wort aisthesis meint: Wahrnehmung. Nicht zuerst Theorien über das Kunstschöne, sondern Reflexionen über unser Erleben der Wirklichkeit verbinden sich daher mit ‘Ästhetischem Denken’. Im Licht wechselnder Erfahrungen zeigt sich die Welt jeder Epoche, jedem Individuum anders. Durch die wachsende Realität des Möglichen kommt der aisthesis in der Zweiten Moderne immer stärkere Bedeutung zu: der Internet-Surfer wie der Gen-Techniker bewegt sich vornehmlich in Vorstellungs-Welten. Was also ist heute ‘wirklich’? Wie realitätsgerecht sind unsere vielfältigen, widersprüchlichen Wahrnehmungen? Das sind zwei der Fragen, die diese Veranstaltung durch ‘Ästhetisches Denken’ zu klären versucht.

Die Wiederkehr des Mythos

Die kulturelle Bedeutung Großer Bilder für die Gegenwart

Insofern er von Göttern spricht, gehört der Mythos der antiken Kultur an. Doch auch die Moderne kommt nicht ohne Mythen aus. Die Ideale der Französischen Revolution – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – stiften einen das neue Menschenbild prägenden Mythos. Gleiches gilt für the American Dream als Sinnbild für das Streben des Einzelnen nach Glück. Das ‚Wunder von Bern’, unlängst auch filmisch gefeiert, zählt wie das ‚Wirtschaftswunder’ zu den Gründungsmythen der Bundesrepublik. Weshalb erweist sich der Mythos immer wieder als Identität stiftendes, Kultur stabilisierendes Element? Darauf versuchen Mythentheorien zu antworten. Einige der wichtigsten unserer Zeit werden in dieser Veranstaltung vorgestellt.

Geist der Utopie

Weshalb der Mensch Wunschträume braucht

Große Utopien scheinen zum Scheitern verurteilt: so die ‘Weltfriedensordnung’, von der George Bush träumte, das ‘europäische Haus’, von dem Michail Gorbatschow schwärmte, die ‘blühenden Landschaften’, die Helmut Kohl versprach. Der Zeitgeist ist utopienfeindlich; ungeachtet der Wahl Barack Obamas zum ersten nicht-weißen Präsidenten der USA im Herbst 2008. Doch ist es realistisch, sich nur an so genannte Tatsachen zu halten? Spenden nicht Wunschträume die Kraft, im Alltag wie in geschichtlichen Zeiten des Umbruchs als Ziel eine bejahenswerte Zukunft vor sich zu sehen? Von der Gefahr, vor allem aber der Notwendigkeit utopischen Denkens handelt diese Veranstaltung über den ‘Geist der Utopie’.

Die Idee des Fortschritts

In ihrem Namen werden Reformen beschlossen, Revolutionen begangen, Wachstumspfade beschritten und Utopien beschrieben – die Idee des Fortschritts ist der Motor der Geschichte.
Welches Welt- und Menschenbild steht dahinter? Wer entscheidet, was ‘fortschrittlich’ ist? Welche alternativen Ideen gibt es?

 

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